V – Verdauungssystem
Zur Nahrungsaufnahme nimmt das Pferd Gras zwischen die
Lippen und die Schneidezähne und reißt die Halme ab. Kraftfutter wird in
kleinen Portionen aufgenommen.
Das Pferd zerkleinert die Nahrung durch mahlende Bewegung
seiner Backenzähne. Da das Futter heute oft weniger gekaut werden muss als in
der Steppe, kann es zur Hakenbildung auf den Zähnen kommen, die eine
regelmäßige Gebisskontrolle erforderlich machen.
Nach dem Abschlucken der Nahrung gelangt der Nahrungsbrei
über die Speiseröhre, in der er durch peristaltische Bewegungen weiter in den
Magen bewegt wird. Die Speiseröhre weist einige Verengungen auf, nämlich an
ihrem Eingang und an ihrem Eintritt in den Brustkorb, sowie an dem Durchtritt
durch das Zwerchfell. Hier kann es durch große Futterstücke oder bei der
Fütterung nicht ausreichend aufgeweichter Rübenschnitzel zu Verstopfungen
kommen (Schlundverstopfungen).
Der Magen des Pferdes ist im Verhältnis zu seinem
Körpergewicht sehr klein. Das ist seiner physiologischen Ausprägung als
Steppentier geschuldet, das über den Tag verteilt kleine Mengen an
rohfaserreichem und kohlenhydratarmem Futter zu sich nimmt. Im Magen erfolgt
die Eiweißverdauung durch das Enzym Pepsin. Dieses wird durch die Produktion
von Magensaft (Salzsäure) angeregt, die außerdem eine antibakterielle Wirkung
hat und Keime im Futter abtötet.
Entsprechend der vorliegenden Anatomie des Pferdes sollten
nicht zu große Futtermengen auf einmal in den Magen des Pferdes gelingen, weil
dann eine gute Durchmischung der zu verdauenden Nahrung mit Magensaft nicht
mehr gegeben ist und die Verdauung nicht optimal ablaufen kann.
Die Gabe von
Heu vor dem Füttern von Kraftfutter sorgt dafür, dass gut eingespeichelte und
damit gleitfähige Nahrung zuerst in den Magen gelangt. Die Magensaftproduktion,
die Produktion von Verdauungsenzymen in der Bauchspeicheldrüse und im Dünndarm
wird bereits in Gang setzt, bevor das stärkehaltige Kraftfutter, das meistens
ohne ausgeprägte Kautätigkeit heruntergeschlungen wird, in den Magen gelangt.
Der
Mageninhalt kann am besten von Magensäure durchsetzt werden, wenn es sich um
einen lockeren und gut eingespeichelten Nahrungsbrei handelt. Dieser kann den Magen
relativ schnell in den Dünndarm verlassen und dort die Basis für eine gute
Dünndarmverdauung bilden.
Wird
Kraftfutter in großen Portionen ohne vorherige Raufuttergaben verabreicht,
befindet sich anschließend im Magen des Pferdes ein relativ trockener und
schwer mit Magensäure zu durchsetzender Futterklumpen, der auch eine längere
Aufenthaltszeit im Magen hat. Dabei beginnt vermehrt der Abbau der Stärke aus
dem Kraftfutter zu Milchsäure im Magen. Diesem Prozess wird unterstellt, dass
er die Bildung von Magengeschwüren beim Pferd unterstützt. Die Vergärung beim
Stärkeabbau fördert die Entstehungen von Koliken.
Der Dünndarm
besteht aus dem Zwölffngerdarm, dem Leerdarm und dem Hüftdarm und hat eine
Gesamtlänge von ca. 20 Metern. Hier erfolgt die weitere enzymatische Verdauung
des Kraftfutters, während das Raufutter den Dünndarm weitgehend unverdaut in
den Dickdarm verlässt und dort verdaut wird. Im Zwölffingerdarm werden dem
Nahrungsbrei die Enzyme aus dem Bauchspeicheldrüsensekret und aus der Galle
beigemischt. Diese dienen dem Abbau der Fette und Kohlenhydrate im Dünndarm.
Die im Dünndarm produzierten Darmsaft enthaltenen Enzyme dienen der
Eiweißverdauung.
Die Galle wird
in der Leber des Pferdes produziert und direkt in den Dünndarm abgegeben, da
das Pferd keine Gallenblase als Zwischenspeicher für das Gallensekret hat.
Die Enzyme im
Dünndarm sorgen für die weitere Aufspaltung der Nahrung in ihre
Grundbestandteile. Die freigesetzten Nährstoffe und ein großer Teil der im Darm
befindlichen Flüssigkeit werden von den Darmzotten aufgenommen und an den
Körper zur Nährstoffversorgung abgegeben. Eine Störung in der Wasseraufnahme im
Darm wird durch das Auftreten von Durchfall erkennbar. Das kann zu erheblichen
Wasserverlusten und einer Störung des Allgemeinbefindens führen.
Der Dickdarm
des Pferdes besteht aus dem Blinddarm, dem großen und dem kleinen Colon und hat
eine Länge von ca. 8 m. Im Dickdarm wird die Zellulose aus den Rohfasern des
Raufutters verarbeitet und der Verdauungsprozess der Nahrung abgeschlossen. Die
hier gewonnenen flüchtigen und hochverdaulichen Fettsäuren werden von der
Darmwand resorbiert und dem Körper als verarbeitbare Energie zur Verfügung
gestellt.
Im hinteren Dickdarmbereich, der in den Mastdarm mit
dem Anus übergeht, wird der unverdaute Nahrungsbrei entwässert, geformt und als
Kot ausgeschieden.