ABC der tiergerechten Haltung

P – Problemverhalten von Pferden

Als Problemverhalten bei Pferden wird ein unerwünschtes Verhalten beschrieben, dass den Menschen Probleme im Umgang mit dem Pferd in der Haltung bzw. in der Nutzung bereitet.

Verhaltensstörungen zeichnen sich durch erhebliche Abweichung vom normalen, für die Tierart üblichen Verhalten aus und werden häufig durch nicht tiergerechte Haltung oder Umgang verursacht, wenn die Anpassungsgrenzen des Pferdes an seine Umweltbedingungen überschritten sind. Auch daraus kann für den Menschen ein Problemverhalten entstehen, an dieser Stelle soll auf dieses komplexe Thema jedoch nicht weiter eingegangen werden.

Entwickelt ein Pferd Problemverhalten ohne eine zugrunde liegende Verhaltensstörung, verhält es sich meist genau seiner Art entsprechend und das Problemverhalten entsteht durch Unkenntnis der Pferdehalter im tiergerechten Umgang mit dem Pferd und bereitet diesem Probleme, da das Tier sich nicht wunschgemäß verhält.

Weigert sich ein Pferd zunächst, sich in den Pferdeanhänger führen zu lassen, ist das arttypisches Verhalten. Durch konsequentes Üben und Gewöhnung wird das Verladen bald Gewohnheit für das Pferd sein und es wird diesen problemlos betreten. Falls ein Sturz oder ein Unfall mit dem Pferd auf dem Anhänger passiert oder das Pferd verbindet, dass es damit immer in Situationen gebracht wird, die ihm unangenehm sind, wird es anfangen, nicht mehr freiwillig auf den Anhänger zu gehen. Hier handelt es sich nicht um böswilliges Fehlverhalten des Pferdes, sondern um ein angstgesteuertes Problemverhalten, dem man durch sehr langwierige Desensibilisierung und erneuten Vertrauensgewinn entgegensteuern kann. 

Ist sich der Tierhalter oder Besitzer nicht bewusst ist, dass Pferde in einer Rangordnung leben und der Sozialpartner Pferd den Sozialpartner Menschen in diese Rangordnung einordnet. Wird der Mensch durch Angst, mangelnde Konsequenz oder Durchsetzungsvermögen vom Pferd in der Rangfolge unter diesem eingestuft, kann es leicht zu Problemverhalten des Pferdes kommen, da dieses dem Menschen nicht ohne Weiteres folgen wird, sondern selber die Führung übernimmt. Auf diese Weise kann es zu Verhaltensweisen kommen, dass das Pferd sich nicht führen, nicht reiten oder sich nicht einfangen lässt.

Doch auch zu viel Druck und Grobheit, die Angst und Schmerzen beim Pferd erzeugen, können Problemverhalten und Widersetzlichkeiten erzeugen.

Das Spektrum an Problemverhalten von Pferden ist außerordentlich vielfältig und in vielen Fällen für den Pferdehalter oder Reiter gut zu handhaben. Oft betrifft das unerwünschte Verhalten auch nur Teilbereiche im Umgang mit dem Menschen und wird von diesem als lästig, aber nicht untragbar toleriert, wenn es sich zum Beispiel um ein exzellentes Reitpferd handelt, das im Umgang in der Box eher problematisch ist.

Letztendlich benötigen nicht nur Pferde mit Problemverhalten, sondern alle Pferde im Umgang einen sachkundigen und durchsetzungsfähigen Partner Mensch, der das Pferd mit Konsequenz, einem großen Wissens- und Erfahrungsschatz sowie einem guten Einfühlungsvermögen anleitet und führt. Darauf ist besonderer Wert in der Erziehung und Gewöhnung des jungen Pferdes zu legen, damit sich schwerwiegendes Problemverhalten gar nicht erst entwickelt.

Umgangssprachlich wird Problemverhalten oft mit dem Begriff „Stalluntugenden“ beschrieben, was auf schlechtes Benehmen, bösen Willen und schlechten Charakter bei den Pferden schließen lässt. Das ist grundsätzlich auszuschließen, wenn man sich intensiv mit dem Ursache-Wirkungs-Prinzip auseinandersetzt.

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O – Ontogenese

Die Ontogenese beschreibt die Individualentwicklung von der Entwicklung der Eizelle im Mutterleib bis zum Tod des Lebewesens. Diese Entwicklung wird zum einen durch die körperliche Entwicklung und Reifung bestimmt, zum anderen durch Lernprozesse, die das Lebewesen im Laufe seines Lebens durchläuft.

Unter Reifung versteht man die Entwicklung der angeborenen Verhaltensweisen, während das Lernen durch Gewöhnung, Nachahmung und Training erfolgt und in hohem Maße von außen durch das Umfeld bestimmt wird.

Bereits kurz nach ihrer Geburt sind die Fohlen sehr lernfähig. Die Prägung auf die Mutterstute ist innerhalb weniger Stunden abgeschlossen und das Pferd lernt bereits am 1. Tag zu stehen, zu saugen und in allen Gangarten zu laufen. Für das Fluchttier Pferd in der Steppe war diese Fähigkeit von elementarer Bedeutung, damit auch das neugeborene Tier seiner Familie bei Gefahr folgen konnte

Der größte Reifungs- und Lernprozess findet in den ersten Lebensjahren statt. Daher kommt dem Aufwachsen von Fohlen im Herdenverband so eine große Bedeutung zu. Das junge Pferd lernt von seinen Artgenossen und ist damit wesentlich besser für die Zukunft gerüstet als Fohlen, die allein vom Menschen großgezogen werden.

Der Mensch kann sich diese Altersphase und die damit auch sehr ausgeprägte Neugier der Pferde nutzen, um sie mit möglichst vielen Umweltreizen vertraut zu machen. Auf diese Weise gewinnt man langfristig sichere und vertrauensvolle Pferde, die gelassen auf Umweltreize reagieren und damit auch eine gute Basis für ein zuverlässiges Reitpferd haben.

In einer späteren Gruppenhaltung von Pferden kann man deutlich erkennen, welche Pferde eine gesunde Aufzucht in der Gruppe erleben durften, da diese Tiere sich schnell in die Gruppe und die bestehende Rangordnung einordnen und auch in der Verständigung und im Umgang mit anderen Pferden meist unproblematisch sind.

Es ist inzwischen wissenschaftlich belegt, dass Verhaltensstörungen, die sich bei Pferden im späteren Leben  entwickeln, sehr häufig auf Störungen in der Jugend zurückzuführen sind. Einer tiergerechten und schonenden Aufzucht- und Ausbildungsphase sollte daher eine sehr große Bedeutung zugemessen werden. In der Praxis ist immer wieder zu erkennen, dass wirtschaftliche Zwänge zu Einsparungen und Beschleunigungsversuchen in dieser Phase führen, die ihre Spuren oft erst im späteren Pferdeleben erkennen lässt.

Für den tiergerechten Umgang mit den Pferden ist es  wichtig, zu realisieren, dass schwierige, unerzogene und verhaltensauffällige Pferde werden nicht als solche geboren werden, sondern meist vom Menschen durch nicht tiergerechtes Verhalten und unsachgemäßen Umgang dazu gemacht werden. 

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N – Natur des Pferdes – Pferdeverhalten in Funktionskreisen

In der Verhaltensforschung (Ethologie) werden die angeborenen Verhaltensweisen der Pferde in Funktionskreisen erfasst. Das Pferd muss in seiner heutigen tiergerechten Haltung alle diese Verhaltensweisen ausleben können, damit es zufrieden ist und sich keine physischen und psychischen Störungen entwickeln.

Die angeborenen Verhaltensweisen der Pferde lassen sich in die im Folgenden aufgeführten Verhaltensweisen gliedern:

Der Funktionskreis Sozialverhalten beschreibt das Verhalten des Pferdes in der Gruppe bzw. im Familienverband. Dazu gehören die Rangordnung unter den Pferden mit den daraus resultierenden Verhaltensweisen sowie die positiven (Fellpflege) und aggressiven (Schlagen und Beißen) Handlungen untereinander.

Im Funktionskreis Bewegungs- oder Lokomotionsverhalten wird die Art der Fortbewegung der Pferde beschrieben. Auch die unterschiedliche Motivation für Bewegung, differenziert in Bewegungsbedürfnis und Bewegungsbedarf werden dabei betrachtet.

Der Funktionskreis Ruheverhalten beschreibt die Ruhe- und Schlafgewohnheiten der Pferde in der freien Wildbahn.

Die Funktionskreise Fress- und Trinkverhalten beschäftigt sich mit den Fresszeiten, den Techniken der Nahrungs- und Wasseraufnahme und ist eng mit dem Funktionskreis Lokomotionsverhalten verbunden.

Weitere Funktionskreise beschreiben das Verhalten der Pferde im Bereich Neugierde- und Spielverhalten, Fortpflanzung, Geburt und Mutter-Kind-Zeit sowie das Ausscheidungs- und Markierungsverhalten. Nur wer als Betriebsleiter, Tierhalter und/oder Pferdebesitzer gut über die in den Funktionskreisen beschriebenen Verhaltensweisen, ihrer Ursachen und Zusammenhänge untereinander Bescheid weiß, kann dem Pferd als Haustier ein tiergerechtes Leben bieten. Besonders hervorzuheben ist die Erkenntnis, dass durch besonders gute Ausprägung des einen Funktionskreises Mängel im anderen Funktionskreis nicht ausgeglichen werden können.

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M – Management

Das Management wird im Allgemeinen mit betriebswirtschaftlichen Inhalten in Verbindung gebracht. Es ist aber auch für eine tiergerechte Haltung ein gutes Management erforderlich. Gemeint ist damit eine Betriebsführung, die eine tiergerechte Haltung erst ermöglicht. Es bedarf dazu eines Betriebsleiters, der sich durch sehr gute und weitreichende Fachkenntnis bezüglich der einzelnen Aspekte rund um das Pferd auszeichnet. Dazu gehört auch das Wissen um die physiologischen und psychischen Anforderungen des Pferdes an seine Umwelt.

Im Bereich der Fütterung ist das Wissen um die Physiologie der Verdauungsorgane der Pferde ebenso wichtig wie eine gute Kenntnis bezogen auf die Futtermittel und deren –qualität. Die gute Qualität des Futters hat nicht nur Einfluss auf den Verdauungstrakt der Pferde und deren Versorgung mit Nährstoffen, sondern auch auf das Stallklima und damit auf den empfindlichen Atmungsapparat des Pferdes.

Das Stallklima lässt sich zum einen durch bauliche Gestaltung beeinflussen, zum anderen eben durch Sauberkeit und ein gutes Mist- und Einstreumanagement. Hygiene ist auch im Pferdebereich von großer Bedeutung für die Gesunderhaltung der Pferde und dient der Reduktion von Keimen und Schadstoffen bzw. –gasen in der Luft.

Erfolgt das Putzen und die Körperpflege der Pferde auf separaten, von der Stallgasse separierten Putzplätzen, dient das dem Herabsetzen des Staubanfalls ebenso wie das Befeuchten der Stallgasse vor dem Fegen.

Vor dem Einstreuen der Boxen sind die Pferde idealerweise aus den Boxen zu entfernen. Heu sollte nicht aufgeschüttelt werden, um auch hier die Staubbelastung für die Pferde zu reduzieren.

Nicht zuletzt sollten sich Betriebsleiter und Pferdehalter dringend vor der Vermenschlichung der Pferde bewahren – im Gegensatz zu den Menschen brauchen Pferde keinen kuschligen warmen Stall. Hier ist durch gutes Management für regelmäßigen guten Luftaustausch auch in der kalten Jahreszeit zu sorgen. Das Einfrieren von Tränken lässt sich durch beheizte Tränken und Umlaufsysteme mit beheiztem Wasser effektiv verhindern.

Die bestandsmäßige Entwurmung, gepaart mit entsprechender Entmistung sowie regelmäßig vorgenommene Impfungen dienen ebenfalls der Gesunderhaltung der Tiere.

Freie Bewegung auf sicheren und gut gepflegten Weiden und Ausläufen sowie die Zusammenstellung von harmonischen Pferdegruppen sowohl beim Weidegang als auch in der Gruppenhaltung sichert sowohl die physiologischen als auch die psychischen Bedürfnisse der Pferde. Ihr Bewegungsapparat erhält die für die Gesunderhaltung erforderliche Bewegung, und die in den Funktionskreisen beschriebenen angeborenen Verhaltensweisen können zu einem großen Teil befriedigt werden.

In Bezug auf die Eingewöhnung von Pferden in eine Gruppenhaltung sichert ebenfalls ein gutes Management verbunden mit der entsprechenden Sachkunde einen stressarmen und reibungslosen Verlauf dieser Phase. Ein gutes Management in der Gruppenhaltung beinhaltet auch die Aufgabe des Betriebsleiters, die Pferde täglich zu beobachten und festzustellen, ob alle Tiere ihren Grundbedürfnissen stressfrei nachgehen können. Nur durch gute Sachkenntnis und eingehende Tierbeobachtung werden Erkrankungen von Pferden oder stressbedingte Faktoren sowie ein Übermaß an aggressivem Verhalten rechtzeitig erkannt und es kann zum Erhalt der Tiergerechtheit durch geeignete Maßnahmen gegengesteuert werden.

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L – Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten (BMELV 2009)

Mit der Wandlung des Pferdes vom Nutz- und Arbeitstier zum Sport- und Freizeitpartner setzte auch der Prozess ein, dass der Mensch als Tierhalter sich zunehmend Gedanken um das Wohl der Tiere machte und sich demzufolge mit der artgerechten Verhaltensweisen und den daraus resultierenden Ansprüchen an eine tiergerechte Haltung auseinandersetzte.

Im Jahr 1970 veröffentlichte U. Schnitzer als KTBL-Bauschrift Heft 6 die ersten Haltungsnormen, in denen er Maße für die Einrichtungen der Pferdehaltung aus der Physiologie des Pferdes heraus entwickelte. An dieser Stelle entstand auch das bis heute gültige Boxenmaß 2(WH²).

Als weitere Entwicklung gab die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) im Jahr 1973 die 1. Auflage der Orientierungshilfen für den Bau und Planung von Reitanlagen heraus.

Durch die zunehmende Industrialisierung und den Wandel in der Gesellschaft wachsen immer weniger Menschen mit Tieren auf und der natürliche Umgang mit dem Pferd ist für viele fremdgeworden ist. Die FN hat daher 1995 auf der Grundlage des Tierschutzgesetzes die „Ethischen Grundsätze des Pferdefreundes“ entwickelt und diese mit großem Engagement verbreitet. Diese „10 Gebote“ zum Umgang mit dem Lebewesen Pferd sollen zukünftig Reiter, Pferdehalter und Ausbilder für die Bedürfnisse des Pferdes und deren Einhaltung sensibilisieren.

Ebenfalls im Jahr 1995 legte das Bundesministerium für Landwirtschaft (BML) die ersten „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“ vor. Hier sind die Mindestanforderungen an Pferdehaltungen auf der Basis der artspezifischen Verhaltensweisen und Tiergesundheit formuliert.

Diese wurden im Jahr 2009 von einer vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) eingesetzten Sachverständigengruppe unter der Leitung der Pferdeethologin Dr. Margit Zeitler-Feicht von der TU München, Weihenstephan überarbeitet. In den Leitlinien sind die grundsätzlichen Anforderungen an die Bauausführung und das Management von Pferdehaltungen sowie die Anforderungen an eine tiergerechte Pferdehaltung herausgearbeitet. Es ist jedoch zu betonen, dass es sich hierbei nicht um gesetzliche Richtlinien, sondern lediglich um Orientierungs- und Auslegungshilfen handelt. Dennoch werden sie zunehmend von den Gerichten bei Rechtsstreitigkeiten als Gutachten und Entscheidungshilfe akzeptiert.

Eine spezielle gesetzliche Verordnung für die Pferdehaltung liegt in Deutschland nicht vor. Hier liegen zum Schutz aller Tiere das Grundgesetz und das Tierschutzgesetz zur rechtlichen Anwendung vor.


Der Tierschutz ist seit dem Jahr 2002 im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert. In § 22a heißt es: “Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und Rechtsprechung.“

Im Tierschutzgesetz besagt § 1, dass das Leben und Wohlbefinden von Tieren, als Mitgeschöpf des Menschen aus seiner Verantwortung heraus zu schützen ist. Zitat: „Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.“

§ 2 des Tierschutzgesetzes legt fest, dass jeder, der ein Tier hält, es seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend unterzubringen, zu betreuen und zu pflegen hat. Des Weiteren muss jeder, der ein Tier hält, Kenntnisse über dessen Art und Bedürfnisse aufweisen, sodass dem Tier keine vermeidbaren Leiden und Schmerzen zugefügt werden. Auch die artgerechte Bewegung ist in diesem Paragraphen geregelt.

Die „Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten“ verstehen sich als Haltungsrichtlinien für das Hauspferd und sollen Pferdehaltern die erforderliche Sachkunde im Umgang und in der Haltung

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K – Klima – Indikatoren für ein gutes Stallklima

Als Flucht- und Steppentier verfügt das Pferd über einen hohen Licht- und Frischluftbedarf. Es hat einen sehr leistungsfähigen Atmungsapparat, der sehr empfindlich auf Staub- und Schadgase (z.B. Ammoniak) in der Luft reagiert.

Die Qualität des Stallklimas wird durch die Faktoren Lufttemperatur, -feuchtigkeit, -zirkulation sowie die Belastung durch Staub und Schadgase bestimmt.

Die Voraussetzung für ein gutes Stallklima ist zunächst einmal durch ein ausreichendes Luftvolumen im Stall gegeben. Um das zu erreichen, ist die Deckenhöhe im Stall ein entscheidender Faktor und sollte ausreichend hoch sein. Des Weiteren sorgen ausreichende Frischluftzufuhr und angemessene Luftzirkulation für einen guten Luftaustausch, der Schadgase, Staub und Keime schnell aus dem Stall entfernt und die relative Luftfeuchtigkeit in einem für Pferde verträglichen Bereich hält.

Für Pferdeställe wird eine relative Luftfeuchtigkeit von 60 -65 % angestrebt. Durch mangelnde Frischluftzufuhr in geschlossenen Ställen kann die Luftfeuchtigkeit auf bis zu 90 % ansteigen, da die Pferde über die Haut und Atmung Wasser abgeben. Hinzu kommt Feuchtigkeit aus verdunstetem Harn, Reinigungs- und Schwitzwasser der Pferde. Diese feuchte Luft ist idealer Nährboden für Keime und Krankheitserreger und muss durch trockene Frischluft ersetzt werden.

Das Schadgas Ammoniak (NH3) entsteht beim mikrobiellen Abbau von Einweiß und Harnstoff durch ureaseaktive Bakterien aus Kot und Harn. Mit der steigenden Luftfeuchtigkeit im Stall erhöht sich die Konzentration an Ammoniak und verleiht schlecht durchlüfteten Pferdeställen ihren typischen Geruch. Ammoniak reizt die Schleimhäute der Atemwege und kann deren Erkrankung führen. Eine Überversorgung im Futter mit Eiweiß (Kraftfutter) sollte vermieden werden, da das überschüssige Eiweiß im Körper in Stickstoff umgewandelt wird. Dieser wird über die Nieren als Harnstoff ausgeschieden und beeinflusst auf diese Weise ebenfalls die Stall-Luftqualität .

Eine sehr geringe Luftfeuchtigkeit sollte ebenfalls vermieden werden, da diese zu einer erhöhten Staubentwicklung führt.

Das Steppentier Pferd war in der freien Steppe permanent Wind und Wetter sowie großen Temperaturschwankungen ausgesetzt. Pferde vertragen bei entsprechender Gewöhnung problemlos Temperaturschwankungen von -20 bis +30 Grad.

Pferde besitzen eine sehr leistungsfähige Thermoregulation, die sie in die Lage versetzen, ihre Körpertemperatur auch bei wechselnden Temperaturverhältnissen stabil zu halten. Dieses Thermoregulationsvermögen reagiert umso besser, desto besser es durch die Anpassung an Temperaturschwankungen (Tag/Nacht, Sommer/Winter) trainiert ist und erhöht so die Widerstandskraft und die Anpassungsfähigkeit an die jeweils vorliegenden Klimagegebenheiten.

Eine gleichmäßige Stalltemperatur ist auf gar keinen Fall anzustreben, da dadurch eine Stimulierung der thermoregulatorischen Fähigkeiten nicht erfolgt.

Angestrebt wird heute bei Neubauten ein Aussenklimastall, in dem die Stalltemperatur ganzjährig gemäßigt den Außentemperaturen folgt.

Die Luftzufuhr in Ställen wird neben dem Management besonders durch die bauliche Anordnung der Gebäude, die Berücksichtigung der Windrichtung und die Anordnung der Gebäudeöffnungen und der Lüftungsmöglichkeiten geregelt. Idealerweise wird der Stall mit der Längsachse in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet, damit auf ganzer Breite eine optimale Durchlüftung gegeben ist. Die Luftströmung im Pferdestall sollte mind. 0,2 m/s betragen, im Sommer bei hohen Temperaturen ist eine Steigerung auf bis zu 0,6 m/s sinnvoll.

Die Luftströmung, die die Frischluftzufuhr und der Luftaustausch im Stall mit sich bringen, ist wünschenswert und bedeutet für das Pferd keine Zugluft, sondern regt die Thermoregulation der Tiere an. Zugluft wird definiert als punktueller kalter Luftzug, der einzelne Körper auskühlt, die Thermoregulation jedoch nicht in Gang setzt.

Der Stoffwechsel und der Hormonhaushalt der Pferde werden über die Lichtstärke gesteuert (Rosse, Fellwechsel); die meisten Prozesse unterliegen einer Tagesperiodik, die von endogenen Faktoren (innere Uhr) und exogenen Faktoren (Licht, Temperatur) gesteuert werden. Das Steppentier Pferd hat einen hohen Lichtbedarf, den es in dunklen Ställen nicht ausreichend decken kann.

Der Klimafaktor Licht ist gebäudetechnisch steuerbar.Im Stallbereich kann man durch viele Fensteröffnungen und Einbau von Lichtplatten gute Luft- und Lichtverhältnisse erreichen, was sich auch positiv auf den Stromverbrauch der gesamten Anlage auswirkt. Auch die im Stall arbeitenden Menschen empfinden einen gut durchlüfteten und hellen Stall angenehmer als einen dunklen und schlecht belüfteten Stall. Als Richtwert für die Beleuchtungsstärke sind im Boxenbereich mindestens 80 Lux über 8 Stunden sicherzustellen.

ABC der tiergerechten Haltung

J – Jugend und Alter

Das altersgerechte Wohnen ist nicht nur bei Menschen ein Thema, sondern trifft auch den Pferdebereich, wenn den Bedürfnissen der Tiere entsprochen werden soll.

Fohlen und Jungpferde haben ein besonders ausgeprägtes Bewegungsbedürfnis sowie einen ausgeprägten Spieltrieb. Diesem müssen Jungpferdegruppen bei der Aufzucht gerecht werden. Die Pferde prägen im Spiel unbewusst ihre Bewegungskoordination aus und trainieren gleichzeitig ihr Sozialverhalten. Auch die Neugier ist bei jungen Tieren deutlich ausgeprägter als bei älteren Pferden, für die viele Dinge schon Gewohnheit und Routine sind.

Die Aufzucht von Fohlen erfolgt in der Regel nach dem Absetzen in Gruppen, die nach Geschlechtern getrennt sind. Das ist einerseits den unterschiedlichen Spieleigenschaften von Stuten und Wallachen geschuldet, da Hengste Kampfspiele mit Steigen, Beißen, Verfolgen, Hinknien, umeinander Kreiseln lieben, die aber meist in friedlicher Absicht und mit viel Freude ablaufen. Es sind dabei selten echte Drohgebärden zu beobachten und auch Verletzungen treten dabei nur selten auf. Stuten bevorzugen dagegen eher Laufspiele und gegenseitige Fellpflege. Zum anderen entwickelt sich der Geschlechtstrieb der Hengstfohlen im 2. Lebensjahr und man vermeidet auf diese Weise unbeabsichtigte Deckversuche.

Auch alte Pferde eignen sich dazu, in separaten Gruppen gehalten zu werden. Da sie oft altersbedingt nicht mehr so reaktionsschnell und beweglich sind, besteht die Gefahr, dass sie in einer gemischtaltrigen Gruppe mit vielen jungen Pferden vermehrt verjagt werden und Stress bekommen.

Bei der Fütterung benötigen alte Pferde oft längere Fresszeiten, um ihren Energiebedarf zu decken. Da die Zähne oft nicht mehr so intakt sind, kann die Verabreichung von altersgerechten Futtermitteln wie Heucobs etc. erforderlich werden. Auch die unrationierte Gabe von Raufutter kann die Deckung des Energiebedarfs erleichtern.

Auch alte Pferde müssen sich hinlegen und zu diesem Zweck sind sie in einer ruhigen, kleineren Gruppe mit anderen Gleichgesinnten besser aufgehoben. Es ist aber auch hier auf eine gute Verteilung der Funktionsbereiche zu achten, denn der Bewegungsanreiz durch äußere Umstände ist für ältere und ruhigere Pferde besonders wichtig und für Pferde mit Arthrose ist konstante ruhige Bewegung ein besonders wichtiges Kriterium.

Eine gute Möglichkeit ist es auch, wenn man einen Transponder-gesteuerten Zugang älterer Pferde in einen Ruhebereich schaffen kann, in dem diese Tiere sich hinlegen oder unrationiert Heu fressen können. Hier ist entscheidend, einen Anreiz zu bieten, dass die Pferde diesen Bereich auch wieder verlassen und sich auf diese Weise neben der gewünschten Ruhe auch die erforderliche Bewegung verschaffen. Dazu sollten Tränke und Kraftfutterstation außerhalb dieses Bereiches liegen.

ABC der tiergerechten Haltung

I – Individualdistanz

Die Individualdistanz ist der Abstand, den ein Individuum zu einem Andern einhält. Ihre Einhaltung sichert das reibungslose Zusammenleben in der Gruppe untereinander. Je weiter die Pferde in der Rangordnung voneinander entfernt sind, desto größer ist ihre Individualdistanz zueinander.

Wird die Individualdistanz von einem anderen Pferd unterschritten, hat das Droh- oder Unterwerfungsgesten zur Folge, oder wenn diese nicht beachtet werden, aggressives Verhalten.

Anders verhält es sich bei sozialen Verhaltensweisen wie der Fellpflege. Auch hier wird die Individualdistanz unterschritten, wobei aber durch entsprechende Mimik die freundschaftliche Absicht angekündigt wird.

Für die Gruppenhaltung in Pferdehaltungen hat das zur Folge, dass dem ausreichenden Raumangebot eine außerordentliche Bedeutung zukommt. Nur wenn die Pferde einer Gruppe sich ausweichen können und ihre Individualdistanzen einhalten können, kann es ein friedliches Zusammenleben geben.

Für die Einzelhaltung bedeutet das, dass die Möglichkeit zur freiwilligen Aufgabe der Individualdistanz zur Ausübung von Fellpflege und zur Pflege von Freundschaften eine wichtige Basis für eine tiergerechte Haltung ist. Diese kann durch offene Paddocks vor den Boxen, die Kontakt mit den Nachbarn zulassen oder über mehrstündigen Auslauf mit Artgenossen ermöglicht werden.

ABC der tiergerechten Haltung

H – Herdentier

Das Pferd als Herdentier lebt in der freien Wildbahn im Familienverband, in Junggesellen- oder Hengstgruppen in strenger Hierarchie. Diese Lebensform gewährleistet ein reibungsloses Zusammenleben und gibt den Tieren Sicherheit.

Die Führungsposition übernehmen meist die kräftigsten und erfahrensten Tiere, wobei hier physische und psychische Faktoren zum Tragen kommen. Ranghohe Tiere haben diverse Privilegien gegenüber den rangniedrigen Tieren – ihnen stehen die besten Futter- und Schlafplätze zu und sie haben Vortritt gegenüber den rangniedrigen Tieren. Dafür bieten sie den Rangniedrigen Schutz und Sicherheit, was für deren Wohlbefinden von großer Bedeutung ist.

Zur Einhaltung der Rangordnung werden in der Regel Droh- und Unterlegenheitsgesten eingesetzt, die über Mimik und Körperhaltung zum Ausdruck kommen. Während Drohgebärden (flach angelegte Ohren, nach hinten gezogene Maulwinkel, Hinterhandswinken) meist von den ranghohen Tieren ausgeführt werden, obliegen Unterlegenheitsgesten (Ausweichen, gesenkter Kopf, eingezogener Schweif) den rangniedrigen Tieren. Die Unterlegenheitsgesten ermöglichen es einem rangniedrigen Pferd, sich gefahrlos auch in der Nähe von ranghohen Tieren aufzuhalten.

Aggressives Verhalten mit Schlagen und Beißen wird zum eigenen Schutz nur gezeigt, wenn es unvermeidbar ist, da ernsthafte Verletzungen in der freien Wildbahn schnell zum Tod führen können.

Im Familienverband leben 15 bis 20 Tiere oft ihr ganzes Leben lang zusammen. Angeführt wird der Verband von einem Leithengst und seinen Altstuten und umfasst bis zu 20 Pferden. Die Jungtiere verlassen im Alter von 2 -3 Jahren meist den Familienverband, um einen eigenen Familienverband zu gründen oder sich einem Junggesellenverband anzuschließen. Auf diese Weise bleibt die Gruppengröße meist konstant.

Zusammengehalten werden die Herdenverbände vor allem durch Freundschaften und sozialen Aktivitäten wie Fellpflege. Pferdefreundschaften entstehen oft unter gleichfarbigen Tieren sowie Tieren mit ähnlichem Alter und Interessen.

In Pensionsställen leben oft gemischtrassige oder gemischtgeschlechtliche Pferde zusammen. Hier kann auch eine erfahrene, selbstbewusste Stute die Führungsrolle übernehmen.

Die Gruppenhaltung bietet optimale Möglichkeiten, dem Herdenverhalten der Pferde gerecht zu werden. Die dabei zu berücksichtigenden Elemente sind unter G – Gruppenhaltung beschrieben.

Die Einzelhaltung muss bestimmte Parameter aufweisen, um als tiergerecht zu gelten und damit die Grundbedingungen für die physische und körperliche Gesundheit der Pferde bereitzustellen. Es ist für das Herdentier Pferd unerlässlich, seine Artgenossen sehen, hören und riechen zu können. Auch der direkte Sozialkontakt wie Fellpflege sollte zumindest über Paddocks gewährleistet sein. Mehrstündiger Auslauf mit anderen Pferden ermöglicht dem Pferd, Freundschaften und soziale Kontakte zu pflegen, die zu seinem psychischen Wohlergehen beitragen.

ABC der tiergerechten Haltung

G – Gruppenhaltung

Grundsätzlich ist die Gruppenhaltung die tiergerechteste Haltung, da sie dem ursprünglichen Leben der Pferde in der Herde entspricht. Entscheidend für eine gut funktionierende Gruppenhaltung sind neben dem ausreichenden Platzbedarf und der Trennung der Funktionsbereiche die Sachkenntnis des Betriebsleiters und ein gut durchdachtes Management.

Es gibt verschiedene Formen der Gruppenhaltung, beginnend bei der Innenlaufstallhaltung, bei denen die Pferde in der Gruppe leben, aber keinen freien Zugang zu einem Auslauf haben bis hin zum Offenlaufstall, bei dem die Pferdegruppe permanenten Zugang zur Auslauffläche hat. Für all diese Formen der Gruppenhaltung gibt es dann noch die Ausführungsformen mit oder ohne Unterteilung in die Funktionsbereiche Fressen, Liegen, Ruhen, Laufen und Trinken.

Nicht zu vergessen ist auch die komplette Weidehaltung in der Herde mit Weideunterstand, die vorwiegend im Aufzuchtbereich eingesetzt wird.

Für die Gruppenhaltung gelten generell die gleichen Anforderungen wie im sonstigen Stallbereich und in den Einzelboxen, nämlich ein trockener rutschfester Untergrund im Auslaufbereich, sowie die saubere trockene verformbare Einstreu im Liegebereich damit keine gesundheitlichen Schäden wie Mauke und Strahlfäule auftreten und die Luftqualität im Stall gewährleistet ist.

In einer gut funktionierenden Gruppenhaltung sind die darin lebenden Pferde meist sehr ausgeglichen, gesund und mit einer guten Grundkondition ausgestattet. Ihre arttypischen Grundbedürfnisse können sie in den meisten Funktionsbereichen zufriedenstellend leben und ihr Zeitbudget entspricht weitestgehend dem freilebender Steppentiere.

Als Herdentier, das in der Wildnis im Familienverband lebt, kann das Pferd hier sein Bedürfnis nach Sozialkontakten und Freundschaften ausleben. Wichtig ist, dass die Pferde in der Gruppe ihre Individualdistanz, d.h. den individuellen Abstand, den die einzelnen Tier voneinander halten, um Aggressionen zu vermeiden. Diese Abstände bestimmen sich durch die Rangordnung – je größer der Abstand in der Rangordnung der Pferde voneinander ist, desto größer ist die Individualdistanz zwischen den Tieren. Auf diese Weise werden ernste Auseinandersetzungen in der Gruppe vermieden.

Es ist also für eine erfolgreiche Gruppenhaltung erforderlich, dass das Raumangebot so groß ist, dass die Tiere sich ausweichen und auf diese Weise friedlich miteinander leben können. Sachgassen und spitze Winkel, in die rangniedrige Tiere getrieben werden können, sind unbedingt zu vermeiden. Auch der Stall sollte über zwei Türöffnungen verfügen, damit rangniedrige Tiere ausweichen können.

Die Trennung der Funktionsbereiche sorgt für eine Verteilung der Pferde in der Gruppe. An Heuraufen oder sonstigen Fressplätzen, die gleichzeitiges Fressen ermöglichen, müssen mindestens für alle Tiere gleichzeitige Fressplätze zur Verfügung stehen –  besser noch ist ein Überangebot an Fressplätzen, damit rangniedrige Tiere auch wirklich in Ruhe zum Fressen kommen. Hier muss dem Bedürfnis der Pferde nach gleichzeitigen und gemeinsamen Fressen Rechnung getragen werden.

Für die Zusammenstellung der Gruppe trägt der Betriebsleiter mit seiner Sachkenntnis die Verantwortung. Er muss die Verträglichkeit der Pferde untereinander berücksichtigen und Tiere, die als Aggressoren in einer Gruppe auftreten, rausnehmen. Zu diesem Zweck ist es sinnvoll, gerade in größeren Anlagen, mindestens zwei Gruppen zu bilden, die man entsprechend ihrer Verhaltensweisen, Neigungen und evtl. auch unter Berücksichtigung des Geschlechts zusammenstellt.

Zur Verringerung der Verletzungsgefahr in der Gruppe ist es empfehlenswert, nur Pferde einzugliedern, die an den Hinterhufen nicht beschlagen sind. In Ausnahmefällen bildet der Beschlag mit Plastikeisen eine Alternative, auf die bei gut integrierten Tieren zurückgegriffen werden kann.

Die Trennung in überwiegend Stuten- und Wallachgruppen empfiehlt sich, wenn Wallache dazu neigen, den Stuten gegenüber Hengstverhalten aufzuzeigen. Hier kann es neben unerwünschten Deckaktivitäten auch zu aggressivem Besitzverhalten kommen.

Häufig kann man feststellen, dass ein Pferd, das in der einen Gruppe deutliche Unverträglichkeiten aufzeigt, in einer anderen Gruppe zufrieden ist und Freunde bzw. Spielkameraden findet.

Auch die Bildung einer separaten Gruppe für alte Pferde bietet sich an, wenn die Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Ältere Pferde haben oft von jüngeren Tieren abweichende Gewohnheiten, ihr Fütterungs- und  Bewegungs- und Ruhebedürfnis verändert sich mit zunehmenden Alter und der Pflegeaufwand für diese Pferde erhöht sich. In kleineren, ruhigen Gruppen sind sie oft besser aufgehoben und kommen eher zur Ruhe.

Die natürliche Gruppengröße sollte nicht mehr als 20 Pferde betragen, angelehnt an die in der Wildnis lebenden Herden. Bis zu diesen Gruppengrößen ist es gewährleistet, dass die Pferde sich untereinander gut kennen und ein reibungsloses Miteinander möglich ist.

Pferde, die nicht im Sozialverband groß geworden sind, lassen sich oft nicht in eine Gruppe eingliedern, da sie als Fohlen bzw. in der Zeit der Aufzucht kein Sozialverhalten gelernt haben. Diese Pferde haben häufig Angst vor den anderen Pferden, da sie ihre Ausdrucks- und Verhaltensweisen nicht richtig deuten können. Sie halten sich abseits oder reagieren unangemessen mit deutlichen Aggressionen auf andere Pferde. Solche Pferde sind für die Gruppenhaltung nicht geeignet und leben dort in einer dauerhaften Stresssituation.

Die Eingewöhnung eines neuen Pferdes in eine Pferdegruppe muss sehr behutsam erfolgen. Der verantwortliche Betriebsleiter sollte dazu neben der erforderlichen Sorgfalt über eine hohe Fachkompetenz bezüglich des Pferdeverhaltens verfügen. Für die Eingewöhnung in die Gruppenhaltung ist es unerlässlich, dass eine Quarantäne- und Eingewöhnungsbox vorhanden ist. Mehr dazu erfahren Sie unter Q – Quarantäne- und Eingewöhnungsbox.

In der Eingewöhnungsbox nimmt das Pferd aus gesichertem Umfeld heraus Kontakt zur Gruppe auf und verbleibt dort solange, bis erste Freundschaften mit Tieren aus der Gruppe geschlossen sind. Ideal ist es, wenn das Pferd zunächst mit einzelnen Pferden zusammen sein kann, sodass es vor dem ersten Betreten der Gruppe schon einzelne Pferde näher kennt. Auch die „Ortsbesichtigung“ des Auslaufs sollte ohne die dort bereits lebende Gruppe stattfinden.

Wird das Pferd das 1. Mal in die Gruppe gelassen, dann nur für kurze Zeit und unter Aufsicht der Betriebsleitung, sodass im Notfall eingegriffen werden kann. Die Aufenthalte in der Gruppe werden nun täglich verlängert, bis das Pferd ganz in der Gruppe verbleiben kann.

Die Eingliederungszeit wird von den Pferden und ihrem Wesen bestimmt. Manche Tiere nehmen sehr schnell Kontakt auf, andere benötigen mehr Zeit für diesen Prozess. Hier ist eine gute Beobachtungsgabe erforderlich. Ebenso kann es sinnvoll sein, das neue Pferd in der Anfangszeit noch einmal stundenweise in die Box zu stellen und in Ruhe fressen zu lassen, wenn es sich vielleicht noch nicht selbstbewusst genug an die Futterstellen traut.

Generell ist zu erkennen, dass Pferde sich in eine größere Gruppe leichter und schneller eingliedern lassen als in eine kleine Pferdegruppe, da die Chance, einen Freund zu finden, einfach größer ist.

Des Weiteren spielt auch die Jahreszeit bei der Eingliederung eine nicht unerhebliche Rolle. Während im Sommer die Weiden zum Kennenlernen und zur Eingliederung zur Verfügung stehen, steht im Winter nur der Auslauf zu Verfügung. Hier gibt es Futter nur auf relativ engem Raum und nicht weit verteilt wie auf der Weide. Der Rangordnung und dem Fluchtverhalten ist bei einer Eingliederung im Winter noch größere Aufmerksamkeit zu schenken.

Wenn Pferde, die fest in der Gruppe leben, für einige Tage aus der Gruppe herausgenommen werden, gibt es in der Regel keine Probleme bei der Rückkehr. Handelt es sich jedoch um eine längere Zeitspanne, sollte das Pferd als Vorsichtsmaßnahme wie ein neu einzugliederndes Pferd in der Eingewöhnungsbox untergebracht werden, bis es wieder zur Gruppe stößt.