F – Fütterung und natürliches Fressverhalten
Pferde sind aus ihrer Entwicklungsgeschichte heraus Grasfresser. Ihr Verdauungssystem ist auf rohfaserreiche und energiearme Ernährung eingestellt. Die aufgenommene Nahrung wird in der freien Wildbahn in langsamer Fortbewegung über einen Zeitraum von bis zu 12 bis 16 Stunden aufgenommen, abhängig vom Nahrungsangebot. Ihr Verdauungstrakt ist mit einem kleinen Magen und einem sehr ausgeprägten Darmtrakt auf diese Art der Fütterung eingestellt. Das hat sich bis in die heutige Zeit nicht geändert.
Generell gilt in der heutigen Pferdehaltung die Versorgung der Pferde mit ausreichend Raufutter als oberstes Gebot. Während in der Einzelhaltung die Pferde mindestens zweimal täglich mit ausreichend Raufutter versorgt werden sollten, können in der Gruppenhaltung Heu über Fressständer, computergesteuerte Fütterungsautomaten oder über Heuraufen zur Verfügung gestellt werden. Als Faustregel gilt, dass die Fresspausen der Pferde 4 Stunden nicht übersteigen sollten.
Pferde fressen am liebsten in der Gemeinschaft. Pferde in einer Gruppenhaltung mit ad libitum-Heufütterung und der Vorhaltung von ausreichend gleichzeitigen Fressplätzen verhalten sich ähnlich wie in der freien Wildbahn. Sie fressen so lange, bis ihr Kaubedürfnis gestillt ist und ein Bedürfnis aus einem anderen Funktionskreis wichtiger ist. Da Pferde keine Dehnungsrezeptoren im Bereich des Magens haben, gibt es von dieser Seite aus keine Auswirkungen auf die Fresszeiten.
Die Fresszeiten können durch das Anbringen von engmaschigen Futternetzen über Heuraufen oder von sehr schmalen Gitterstäben in Sparraufen verlängert werden, wobei die Futteraufnahme insgesamt erschwert und verringert wird. Das ist besonders für leichtfuttrige Pferde interessant.
Bei der Fütterung in der Einzelbox sollte dringend darauf geachtet werden, dass die Pferde ca. 15 min vor den Kraftfuttergaben zumindest eine kleine Menge Heu zur Verfügung gestellt bekommen. Das Heu muss vom Pferd gut gekaut und eingespeichelt, während das Kraftfutter meist in sehr kurzer Zeit heruntergeschlungen und wenig eingespeichelt wird. Des Weiteren sorgen die Raufuttergaben im Vorfeld für etwas Entspannung vor dem Highlight der Kraftfuttergaben und ist daher psychisch und ernährungsphysiologisch als günstig zu betrachten. In einer Zeit, in der viele Reitpferde unter Magengeschwüren leiden, ist das eine Möglichkeit, diesem Umstand entgegen zu wirken.
Hier sorgen auch die im Vorfeld beschriebenen computergesteuerten Fütterungsautomaten mit ihrer gleichzeitigen Fütterung in vielen kleinen Portionen für deutlichen Stressabbau und sind ernährungsphysiologisch als sehr positiv zu bewerten.
Auch Fressstände ermöglichen die arttypische, synchrone Nahrungsaufnahme von Pferden. Diese Fütterung ist für die Pferde besonders stressarm. Gleichzeitig ermöglicht sie die individuelle Futterzuteilung für die einzelnen Pferde. Entscheidend ist, dass für jedes Pferd ein Fressplatz zur Verfügung steht.
Die Fütterung, besonders von Raufutter, sollte entsprechend der natürlichen Fresshaltung des Pferdes möglichst bodennah erfolgen, wobei auf ein verletzungsarmes Anbringen von Trögen und sonstigen Boxeneinrichtungen zu achten ist. Für die Heufütterung in der Box bieten sich Sparraufen oder die bodennahe Fütterung an, gut geeignet ist auch die Fütterung am Futtertisch mit Durchfressgitter.
Der Raufutterbedarf der Pferde wird weiterhin durch die mit Stroh eingestreute Box oder Liegehalle in der Gruppenauslaufhaltung gedeckt.
Pferde fressen selektiv, besonders wenn genügend Futterangebot vorhanden ist. Futter, das geschmacklich oder vom Geruch her nicht einwandfrei ist, wird ausgesondert. Hierzu zählen auch Pflanzen mit Bitterstoffen, die von den Pferden nicht gefressen werden.
Auf den Weiden kann man beobachten, dass Pferde die Stellen, auf denen sie ihren Kot abgesetzt haben, nicht beweiden. Hier bilden sich sogenannte Geilstellen, an denen oft Sauerampfer oder Brennnesseln wachsen, die von den Pferden nicht gefressen werden. Diesem Umstand ist durch eine sorgfältige Weidenpflege entgegenzuwirken.