Wohnungssuche

Meine reiterliche Ausbildung und mein daraus resultierender kontinuierlicher Umgang mit Pferden begannen im Alter von 12 Jahren in einem Reitstall, der neben Boxen auch noch Ständerhaltung aufwies. Ich erinnere mich noch daran, wie mir die angebundenen Pferde, die den ganzen Tag an die Wand sahen, mir leid taten und ich das mir anvertraute Pferd verbotener Weise oft umgedreht im Ständer stehen ließ, damit es wenigstens etwas von seiner Umgebung sehen konnte. Ständerhaltung war damals noch ganz legal, während sie inzwischen in Deutschland per Gesetz verboten ist.

So lernte ich im Laufe der Jahre ganz passabel reiten und wurde zunehmend mit dem Umgang und der Pflege von Pferden vertraut. Den Abschluss meines Studiums und den Eintritt ins Berufsleben als Bauingenieurin krönte ich mit dem Kauf meines ersten Pferdes.

Der Aufzucht- und Ausbildungsstall, in dem ich das Pferd erstand, war für seine gute Pferdequalität und die qualifizierte Ausbildung der Pferde bekannt und da ich reiterlich so viel wie möglich lernen wollte, ergriff ich die Möglichkeit und stallte mein Pferd für einige Jahre in diesem Stall ein.

Weidegang und Paddockauslauf waren in diesem Betrieb damals nur für die nicht gerittenen jungen Pferde möglich, mir schien es auf lange Sicht unerlässlich für erfülltes Pferdeleben und so begab ich mich nach einigen Jahren auf Wohnungssuche für mein Pferd.

Ich fand einen Stall, der meinem Pferd neben seinem Dasein als Turnier- und Reitpferd die Möglichkeit bot, richtig Pferd sein und auf der Weide mit seinen Artgenossen herumzutoben zu dürfen.

Mein berufliches Engagement hatte sich durch selbstständige Tätigkeit mit einem Ingenieurbüro für kommunalen Tiefbau mittlerweile erheblich ausgeweitet und neben meinem Beruf hatte ich inzwischen noch eine kleine Tochter zu versorgen. Es war daher für mich von größter Bedeutung, dass der Weidegang meines Pferdes vom Stallpersonal als Dienstleistung vollbracht wurde und ich meine verbleibende freie Zeit meinem Sport widmen konnte.

Im Laufe der Jahre vergrößerte sich die familieneigene Pferdeherde auf 2 Großpferde und 2 Ponys, da meine Tochter gewissermaßen im Stall groß und bereits bald nach ihrer Geburt vom Pferdevirus infiziert wurde.

Ich konnte mit diesem Stall sowohl meinen beruflichen und familiären Verpflichtungen nachkommen, als auch meinen Pferden durch eine geeignete Haltung gerecht werden, meinen Reitsport ausüben und die reiterliche Ausbildung meiner Tochter fördern. Dafür nahm ich es gern in Kauf, 35 km/Tag und Strecke zu fahren und oftmals ein schlammverkrustetes Pferd aus dem Stall zu ziehen. – Für’s erste war ich damit zufrieden und unsere Wohnungssuche war beendet.

Meiner fortgeschrittenen reiterlichen Ausbildung und Turniervorstellungen bis zur Klasse M folgte die Trainerausbildung und die weitere Auseinandersetzung mit den Aspekten um Ausbildung von Pferd und Reiter und die tiergerechte Haltung von Pferden. Als an der landwirtschaftlichen Fakultät der Georg-August-Universität in Göttingen der Masterstudiengang „Pferdewissenschaften“ angeboten wurde, beschloss ich, mein Ingenieurstudium damit zu ergänzen und mir auf diese Weise die qualifizierte Grundlage für eine berufliche Tätigkeit im Pferdebereich zu schaffen.

In meiner Masterarbeit plante ich den Prototyp eines Pensions- und Ausbildungsstalls, der die Aspekte der tiergerechten Haltung, die Wünsche und Bedürfnisse der Einsteller und die Wirtschaftlichkeit bei der Betriebsführung berücksichtigte.

Mit Beginn dieser Planung war klar, dass ich diesen Stall auch selber bauen und mit Leben erfüllen möchte, bevor ich das Konzept an interessierte Pferdehaltungsbetriebe weitergebe.

Der geplante Stall steht mittlerweile im 10. Jahr als „Reitanlage am Rittergut“ in Hoppensen, erfreut sich der 5-Sterne-Zertifizierung durch die LAG und die FN und wird von mir und meinem Team entsprechend dem von mir erarbeiteten Konzept erfolgreich und mit viel Freude betrieben.

Mit diesem Blog möchte ich einen Teil meines Wissens und meiner Erfahrungen an andere Stallbetreiber, Pferdehalter und –besitzer weitergeben. Ich habe die Aufmerksamkeit weniger auf fachliche und bautechnische Punkte gelenkt, sondern möchte das Bewusstsein dafür wecken, die Pferdehaltung und den Umgang mit Pferden aus der Sicht der Tiergerechtheit und des arttypischen Verhaltens zu betrachten und anzupassen. Häufig sind nicht große bauliche Maßnahmen erforderlich, um die Pferdehaltung tiergerechter zu gestalten. Ein geschärftes Bewusstsein und ein angepasstes Management können bereits zu einem tiergerechteren Umgang und einer verbesserten Pferdehaltung beitragen.

Ich wünsche dem Leser viel Spass bei der Lektüre und den Pferden Besitzer und Halter mit umfangreicher Kenntnis und einem erweiterten Bewusstsein für die wirklichen Bedürfnisse der Pferde.

Ute Rossmayer

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert