ABC der tiergerechten Haltung

Z – Zeitbudget der Pferde

Das Zeitbudget gibt Auskunft über die Verteilung der Tätigkeiten einer Tierart über den Tag unter bestimmten Voraussetzungen.

Das natürliche Zeitbudget von Pferden in der freien Wildbahn setzt sich aus 60% Fressen; 20% Stehen; 10% Liegen; 10% Sonstiges zusammen, wie aus Abb. 1 hervorgeht. (Zeitler-Feicht; 2001). Unter Sonstiges sind die Funktionsbereiche Trinken, Spielen und Komfortverhalten zusammengefasst. Sie nehmen vergleichsweise wenig Zeit im Tagesablauf ein.

Bei der klassischen Haltung in Einzelboxen (im Extremfall auf Späne) verschiebt sich das Zeitbudget drastisch, die Anteile Stehen und Fressen in der Zeitverteilung werden weitgehend vertauscht (siehe Abb. 2). Es wird weder das Bewegungsbedürfnis der Pferde geweckt, noch wird deren Bewegungsbedarf gedeckt. Die Pferde fangen an, sich zu langweilen – es treten vermehrt Verhaltensstörungen auf (Koppen, Weben, Holznagen), die signalisieren, dass die Anpassungsgrenzen überschritten sind (Zeitler-Feicht; 2001).

Das Pferd steht in vielen Fällen 23 Stunden in der Box, wird 2 x täglich gefüttert und von seinem Besitzer im Idealfall eine Stunde am Tag geritten. Mangelnde Bewegung führt zu Steifheit – Sehnen, Bänder und Gelenke verlieren ihre Elastizität und sind anfälliger für Verletzungen. ).

Bewegungsmangel behindert auch die Selbstreinigungsfunktion der Atemwege und beeinträchtigt den gesamten Stoffwechsel.

Tiergerechte Haltung entspricht im Wesentlichen dem Zeitbudget der Wildpferde und darf nur bedingt davon abweichen. Die Laufstallhaltung mit Heu und Stroh ad libitum (zur freien Verfügung) erfüllt weitgehend diese Ansprüche.

ABC der tiergerechten Haltung

Y – Y-Bande (=Kavallerie) – H.Dv.1912

Die H.Dv.12 fasst das gesammelte Wissen der Kavallerieausbildung seit dem 18. Jahrhundert zusammen. Sie beschäftigt sich überwiegend mit der Ausbildung von Pferd und Reiter, die das Pferd und seinen Reiter für den Kriegseinsatz mit dem nötigen Können ausstattete.

Im Krieg wurden Millionen von Pferden eingesetzt, die unersetzliche Helfer des Menschen waren. Es war unerlässlich und lebensnotwendig, dass die Reiter die Pferde sicher beherrschten. Die Pferde mussten gehorsam, gewandt und ausdauernd sein. Eine gute Ausbildung für alle Reiter und Pferde war die Grundlage für die Erhaltung des Pferdematerials und die Sicherheit der Reiter.

Schon in dieser Reitvorschrift wurde neben den fachlichen Details auf die erforderliche Liebe zum Pferd hingewiesen, die eine wichtige Voraussetzung für den dauerhaften Erfolg im Umgang mit Pferden ist. Wir nennen diese Liebe und das dazugehörige Pferdeverständnis heute „Horsemanship“.

ABC der tiergerechten Haltung

X – Xenophon (430 -355 v. Chr.)

Xenophon war ein Schüler des Philosophen Socrates und wurde eigentlich mit seinen philosophischen Schriften bekannt. In seinem Werk „Über die Reitkunst“ schrieb er über die Grundlagen der Bedeutung der Achtsamkeit im Umgang mit dem empfindsamen Wesen Pferd sowie über die geistige Einstellung zum Pferd als Partner. Er plädierte schon damals für einen pferdefreundlichen und schonenden Umgang mit dem Pferd.

Seine Schriften lassen darauf schließen, dass er ein echter Horseman war. Er erkannte, dass das Fluchttier Pferd all seine Sinne auf das Feinste geschärft haben musste, um jederzeit auf Umgebungsreize reagieren und wenn es erforderlich war, flüchten zu können. Diese intensive Ausprägung seiner Sinne bestimmt den Umgang mit dem Pferd, verlangt Achtsamkeit und Zuwendung zum Pferd, Präsenz und die innere Klarheit und Entschlossenheit des Menschen.

Pferde spüren durch unser Auftreten und unsere Körpersprache Entschlossenheit oder Zögerlichkeit, Freude oder Angst und reagieren darauf, egal was wir verbal formulieren oder wie wir nach außen auftreten. Das ist der Grund, warum Pferde heute auch erfolgreich in Coachings und Persönlichkeitstrainings eingesetzt werden und uns im täglichen Umgang ganz nebenbei schulen.

Das Herdentier Pferd lässt sich zur Zusammenarbeit überzeugen, wenn wir ihm starke und sichere, aber gewaltfreie Führung bieten. Dazu sind Aufmerksamkeit und Achtsamkeit, Vertrauen und Verlässlichkeit sowie Wertschätzung und Respekt erforderlich.

Dieses Wissen, das Xenophon in seiner Kenntnis über Philosophie und Pferde niedergeschrieben hat, ist noch heute für den erfolgreichen Umgang mit dem Pferd und dem Nutzen, den wir für uns daraus ziehen können, gültig und verkörpert auch zugleich den Grundstein für die tiergerechte Pferdehaltung.

ABC der tiergerechten Haltung

W – Weidegang

Regelmäßiger mehrstündiger Weidegang ist wichtig für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Pferde und für eine tiergerechte Haltung unerlässlich. Hier können auch die Pferde aus der Einzelhaltung in kleinen sorgfältig zusammengestellten Gruppen ihrem Bedürfnis nach engen Sozialkontakten mit Artgenossen (z.B. Fellpflege), nachkommen, in natürlicher Körperhaltung fressen und ihr Bewegungsbedürfnis durch Spielen und Laufen decken.

Sind die Pferde ganztägig oder über einen längeren Zeitraum auf der Weide, ist ein Witterungsschutz für schlechtes Wetter oder beim Aufkommen vieler Insekten sowie frisches Trinkwasser vorzuhalten.

Der Witterungsschutz muss alle Tiere gleichzeitig schützen, sonst haben rangniedrige keine Chance. Es kann sich hierbei um ein Gebäude oder einen Schuppen handeln, aber auch um eine mobile Hütte oder ein Waldstückchen, das Schutz bietet.

Pferdeweiden erfordern einen hohen Pflegeaufwand, da Pferde selektiv fressen und bestimmte Pflanzen bevorzugen. Auf diese Weise kommt es mit der Zeit zu einer Artenverarmung auf der Weide, der durch gezielte Nachsaat entgegengewirkt werden muss.

Mit ihrer Art, das Futter knapp über der Grasnarbe abzubeißen, beanspruchen sie diese sehr stark und verursachen nicht zuletzt mit ihren Hufen sehr leicht Trittschäden an der Grasnarbe. Beim Koten und Stallen suchen Pferde bevorzugt dieselben Stellen auf, so dass hier Geilstellen entstehen, wo keine Nahrung mehr aufgenommen wird und als Pflanzen so genannte Stickstoffanzeiger wie Brennnesseln etc. wachsen. An diesen Stellen ist ein deutlich erhöhtes Parasitenaufkommen festzustellen.

Durch eine gezielte Weidenpflege ist es möglich, eine trittfeste artenreiche Grasnarbe und ein reichhaltiges Futterangebot zu erhalten. Der Ausbreitung von Parasiten kann durch regelmäßiges Absammeln des Kots und das Ausmähen von Geilstellen erfolgreich entgegenwirkt werden. Die bestandsmäßige Entwurmung der Pferde mit wechselnden Mitteln, um Resistenzen vorzubeugen, trägt dazu bei, den Parasitenbefall auf den Weideflächen in Grenzen zu halten.

Im Frühjahr zu Beginn der Weidesaison muss sich der Verdauungstrakt der Pferde langsam an das frische Gras auf der Weide gewöhnen. Frisches Gras enthält mehr Wasser und Proteine als altes Gras und im Dickdarm des Pferdes müssen sich erst langsam die entsprechenden Bakterien bilden. Ein zu schnelles Anweiden kann zu Durchfall oder Koliken führen, im schlimmsten Fall auch zu Hufrehe. Die Weidezeit sollte im Frühjahr zunächst nur sehr kurz sein und dann täglich langsam gesteigert werden, damit die Futterumstellung reibungslos vollzogen werden kann.

Bei der Beweidung ist zu berücksichtigen, dass ein hoher Fructangehalt in den Gräsern zu Hufrehe führen kann. Hier kann Abhilfe geschaffen werden, indem rehegefährdete Tiere bei sonnigem und kaltem Wetter nicht auf die Weide gebracht werden, da die Pflanzen bei diesem Wetter zwar Fructane ausbilden, durch die fehlende Wärme aber nicht für das Pflanzenwachstum verwenden.

Bei der Neuansaat von Weiden gibt es mittlerweile spezielle Grasmischung mit einem hohen Anteil an fructanarmen Gräsern.

ABC der tiergerechten Haltung

V – Verdauungssystem

Zur Nahrungsaufnahme nimmt das Pferd Gras zwischen die Lippen und die Schneidezähne und reißt die Halme ab. Kraftfutter wird in kleinen Portionen aufgenommen.

Das Pferd zerkleinert die Nahrung durch mahlende Bewegung seiner Backenzähne. Da das Futter heute oft weniger gekaut werden muss als in der Steppe, kann es zur Hakenbildung auf den Zähnen kommen, die eine regelmäßige Gebisskontrolle erforderlich machen.

Nach dem Abschlucken der Nahrung gelangt der Nahrungsbrei über die Speiseröhre, in der er durch peristaltische Bewegungen weiter in den Magen bewegt wird. Die Speiseröhre weist einige Verengungen auf, nämlich an ihrem Eingang und an ihrem Eintritt in den Brustkorb, sowie an dem Durchtritt durch das Zwerchfell. Hier kann es durch große Futterstücke oder bei der Fütterung nicht ausreichend aufgeweichter Rübenschnitzel zu Verstopfungen kommen (Schlundverstopfungen).

Der Magen des Pferdes ist im Verhältnis zu seinem Körpergewicht sehr klein. Das ist seiner physiologischen Ausprägung als Steppentier geschuldet, das über den Tag verteilt kleine Mengen an rohfaserreichem und kohlenhydratarmem Futter zu sich nimmt. Im Magen erfolgt die Eiweißverdauung durch das Enzym Pepsin. Dieses wird durch die Produktion von Magensaft (Salzsäure) angeregt, die außerdem eine antibakterielle Wirkung hat und Keime im Futter abtötet.

Entsprechend der vorliegenden Anatomie des Pferdes sollten nicht zu große Futtermengen auf einmal in den Magen des Pferdes gelingen, weil dann eine gute Durchmischung der zu verdauenden Nahrung mit Magensaft nicht mehr gegeben ist und die Verdauung nicht optimal ablaufen kann.

Die Gabe von Heu vor dem Füttern von Kraftfutter sorgt dafür, dass gut eingespeichelte und damit gleitfähige Nahrung zuerst in den Magen gelangt. Die Magensaftproduktion, die Produktion von Verdauungsenzymen in der Bauchspeicheldrüse und im Dünndarm wird bereits in Gang setzt, bevor das stärkehaltige Kraftfutter, das meistens ohne ausgeprägte Kautätigkeit heruntergeschlungen wird, in den Magen gelangt.

Der Mageninhalt kann am besten von Magensäure durchsetzt werden, wenn es sich um einen lockeren und gut eingespeichelten Nahrungsbrei handelt. Dieser kann den Magen relativ schnell in den Dünndarm verlassen und dort die Basis für eine gute Dünndarmverdauung bilden.

Wird Kraftfutter in großen Portionen ohne vorherige Raufuttergaben verabreicht, befindet sich anschließend im Magen des Pferdes ein relativ trockener und schwer mit Magensäure zu durchsetzender Futterklumpen, der auch eine längere Aufenthaltszeit im Magen hat. Dabei beginnt vermehrt der Abbau der Stärke aus dem Kraftfutter zu Milchsäure im Magen. Diesem Prozess wird unterstellt, dass er die Bildung von Magengeschwüren beim Pferd unterstützt. Die Vergärung beim Stärkeabbau fördert die Entstehungen von Koliken.

Der Dünndarm besteht aus dem Zwölffngerdarm, dem Leerdarm und dem Hüftdarm und hat eine Gesamtlänge von ca. 20 Metern. Hier erfolgt die weitere enzymatische Verdauung des Kraftfutters, während das Raufutter den Dünndarm weitgehend unverdaut in den Dickdarm verlässt und dort verdaut wird. Im Zwölffingerdarm werden dem Nahrungsbrei die Enzyme aus dem Bauchspeicheldrüsensekret und aus der Galle beigemischt. Diese dienen dem Abbau der Fette und Kohlenhydrate im Dünndarm. Die im Dünndarm produzierten Darmsaft enthaltenen Enzyme dienen der Eiweißverdauung.

Die Galle wird in der Leber des Pferdes produziert und direkt in den Dünndarm abgegeben, da das Pferd keine Gallenblase als Zwischenspeicher für das Gallensekret hat.

Die Enzyme im Dünndarm sorgen für die weitere Aufspaltung der Nahrung in ihre Grundbestandteile. Die freigesetzten Nährstoffe und ein großer Teil der im Darm befindlichen Flüssigkeit werden von den Darmzotten aufgenommen und an den Körper zur Nährstoffversorgung abgegeben. Eine Störung in der Wasseraufnahme im Darm wird durch das Auftreten von Durchfall erkennbar. Das kann zu erheblichen Wasserverlusten und einer Störung des Allgemeinbefindens führen.

Der Dickdarm des Pferdes besteht aus dem Blinddarm, dem großen und dem kleinen Colon und hat eine Länge von ca. 8 m. Im Dickdarm wird die Zellulose aus den Rohfasern des Raufutters verarbeitet und der Verdauungsprozess der Nahrung abgeschlossen. Die hier gewonnenen flüchtigen und hochverdaulichen Fettsäuren werden von der Darmwand resorbiert und dem Körper als verarbeitbare Energie zur Verfügung gestellt. Im hinteren Dickdarmbereich, der in den Mastdarm mit dem Anus übergeht, wird der unverdaute Nahrungsbrei entwässert, geformt und als Kot ausgeschieden.

ABC der tiergerechten Haltung

U – Umzäunung von Paddocks, Ausläufen und Weiden

Umzäunungen dienen zunächst einmal der Sicherheit von Mensch und Tier. Sie müssen stabil und ausbruchssicher, verletzungsarm und sicher sein und die Verhaltensweisen des Pferdes als Fluchttier berücksichtigen. Brechen Pferde aus einer Weide oder Umzäunung aus, sind sie zum Einen schwer einzufangen, zum Anderen stellen sie eine wesentliche Gefährdung für die Teilnehmer im Straßenverkehr dar.

Zäune sollten den in der einschlägigen Fachliteratur vorgegebenen Standardanforderungen entsprechen, gut sichtbar und von ausreichender Höhe sein sowie eine entsprechende Stabilität aufweisen. Wie hoch und ausgeprägt das Zaunsystem sein muss, ist abhängig von der Rasse und Beschaffenheit der Tiere bzw. der Pferdegruppe, vom Futterangebot, der Lage der Weide- und Auslauffläche und vielem mehr.

Ein Hengstauslauf stellt deutlich höhere Anforderungen an einen Zaun als eine Ponyherde. In direkter Lage an einer vielbefahrenen Straße ist die Sicherheitsanforderung an das Zaunsystem wesentlich größer als auf einer hofnahen Fläche fernab des Straßenverkehrs.

Bei der Einzäunung von Weide- und Paddockflächen sind spitze Winkel und Sackgassen zu vermeiden, damit rangniedrige Tiere dort nicht hineingetrieben werden können.

Geeignete Materialien für den Zaunbau sind Metall, Holz, stabile hochbelastbare, breite Gurt- und Gummibänder sowie Elektrozaun. Die Verwendung von Stacheldraht als Weidezaunbegrenzung ist tierschutzwidrig und darf, wenn überhaupt nur angewendet werden, wenn in einem Mindestabstand von 0,50 m ein gut sichtbarer Elektrozaun die Pferde vom Stacheldrahtzaun fernhält. Die Tiergerechtheit und Hütesicherheit von Elektrozäunen ist eingeschränkt, da er mechanisch nicht sehr belastbar ist.

Das Fluchttier Pferd kann stehende Gegenstände nur gut wahrnehmen, wenn sie groß genug sind und sich von der Umgebung abheben. Daher ist ein stabiler Holz- oder Metallzaun als Abgrenzung geeignet. Erschrecken die Pferde, neigen sie auf Grund ihrer arttypischen Verhaltensweisen dazu, loszustürmen und relativ schnell hohe Laufgeschwindigkeiten zu erreichen. Der tiergerechte, hütesichere Zaun muss also so ausgebildet sein, dass er dem Aufprall eines Pferdes standhält.

ABC der tiergerechten Haltung

T – Trinkverhalten

Pferde sind Saugtrinker, die die Lippen bis auf eine kleine Öffnung fest verschließen und durch diese Öffnung Wasser ansaugen. Durch das Zurückziehen der Zunge in der Mundhöhle wird ein Unterdruck erzeugt, der gewährleistet, dass das Wasser ansaugt wird. Das Wasser wird in langen Zügen getrunken, wobei die Pferde den Trinkvorgang immer wieder unterbrechen, um ihre Umgebung zu beobachten. Beim Unterbrechen des Trinkvorgangs kauen die Pferde wie beim Fressen, wobei meist etwas Wasser aus dem Maul tropft.

Der tägliche Wasserbedarf der Pferde variiert zwischen 20 und 60 l/Tag. Er ist abhängig von der Außentemperatur und den Umweltbedingungen, der Arbeitsleistung und der dadurch bedingten Schweißabgabe und vielen anderen Faktoren.

Pferde trinken bei freiem Wasserangebot über Selbsttränken mehrmals täglich, bei großer Hitze zum Teil sogar stündlich vor oder nach der Nahrungsaufnahme. Bei Wassermangel kommt es zu Verstopfungskoliken, eingefallenen Flanken und Leistungsabfall.

Es ist darauf zu achten, dass die Tränkebecken immer sauber sind, da Pferde kein mit Kot verdrecktes Wasser trinken. Es muss ein guter Wasserzufluss zu den Tränken gewährleistet sein, der mind. 18 – 20 l/min betragen sollte, damit die Pferde mit ausreichend Wasser während des Trinkvorgangs versorgt werden.

Die Futterstellen und die Tränke sollten sowohl in der Boxen- als auch in der Gruppenhaltung räumlich getrennt werden, damit die Pferde ihr Raufutter nicht einstippen oder die Tränken mit Kraftfutter verschmutzen. Geringere Kautätigkeit, weniger eingespeicheltes Futter und demzufolge schlechtere Verdaulichkeit können die Kolikgefahr in diesem Fall erhöhen. Die Wasserleitungen und Tränken sollten mit einem beheizbaren System ausgestattet sein, um ein Einfrieren des Wassers zu verhindern.

ABC der tiergerechten Haltung

S – Sozialpartner Mensch

Die deutsche reiterliche Vereinigung (FN) hat im Jahr 2001 eine Marktanalyse „Pferdesportler in Deutschland 2001“ (IPSOS-Studie, 2001) in Auftrag gegeben, deren Ergebnis unter anderem ist, dass Reiter und Pferdehalter heute meist eine hohe emotionale Bindung an ihre Tiere haben und ihre Pferde als eigenständige, nicht austauschbare Bindungspersonen, deren Wohlergehen ihnen sehr am Herzen liegt, betrachten.

Von Seiten der Pferde werden die sie betreuenden Menschen als Sozialpartner betrachtet. Sie werden von den Pferden automatisch entsprechend ihrem natürlichen Herdenverhalten in eine Rangfolge eingeordnet.

Der Mensch sollte unbedingt versuchen, eine ranghöhere Position als das Pferd zu erreichen. Schafft er das nicht, wird der Umgang mit dem Pferd sowie dessen Ausbildung zum Problem für den Menschen, da das Pferd ihm nicht vertraut und demzufolge selbst die Führung zu übernehmen versucht.

Auch eine ranggleiche Position ist problematisch, da sie das Pferd permanent veranlasst zu testen, wer die Führung hat. Aus diesen Machtkämpfen entwickelt sich Problemverhalten beim Pferd, das dem Pferd als Untugend ausgelegt wird.

Wir erreichen eine ranghohe Position beim Pferd eher durch psychische als durch physische Stärke. Wissen um das Verhalten der Pferde, Erfahrung und Selbstvertrauen und absolute Konsequenz lassen uns Menschen über die Pferde dominieren. Nur so geben wir den Pferden die erforderliche Sicherheit und gewinnen  ihr Vertrauen und die Führung über sie. Die tägliche Pferdepflege, die Fütterung und die gemeinsame vertrauensvolle Arbeit miteinander verstärken dann die positive Kommunikation zwischen Pferd und Mensch.

Nie werden Menschen die Führung über der Pferde mit Hilfe von Gewalt und körperliche Stärke erlangen und jedes Zögern und jede Unsicherheit wird als Schwäche empfunden, was dazu führt, dass das Pferd versucht, die Position des Ranghohen zu erlangen.

Diese angeborenen Verhaltensweisen werden heute auch in pferdegestützten Managements- und Persönlichkeitsbildungsseminaren angewendet. Hier fungieren die Pferde als Spiegel der Menschen und kein noch so autoritärer Auftritt täuscht über innere Unsicherheiten hinweg. Es ist spannend zu beobachten, wie es oft völlig unscheinbaren Menschen, die in sich ruhen, gelingt, die Führungsposition zu übernehmen.

ABC der tiergerechten Haltung

R – Ruheverhalten

Neben dem Fressen, was den größten Teil des Tages einnimmt, verbringen die Pferde in der freien Wildbahn die meiste verbleibende Zeit des Tages mit Ruhen. Das kann in Form von Dösen im Stehen bis zum Schlafen in der Seitenlage vorkommen.

Die Zeit der Ruhephasen richtet sich bei frei lebenden Tieren nach dem Futterangebot und den Umweltbedingungen. Ist das Futterangebot gering, werden die Ruhephasen zugunsten der Futtersuche verringert.

Als Fluchttier ruht das Pferd niemals über einen langen Zeitraum am Stück, sondern verteilt in kurze Phasen von einer Dauer von 20 – 30 Minuten auf den ganzen Tag. Bedingt durch ihren Biorhythmus treten die Ruhephasen in der Nacht und bei Dunkelheit jedoch häufiger auf als am Tage. 

Während die Pferde im Stehen dösen, sind ihre Augen halb geschlossen, die Unterlippe hängt entspannt herab und die Kopf-Hals-Linie ist gesenkt. Die Hinterbeine werden dabei abwechselnd entlastet, wobei die Pferde ihre Gliedmaßen soweit fixieren können, dass sie auch im Stehen ihre Muskulatur entlasten können. Auch in dieser Haltung können die Pferde in die Tiefschlafphase gelangen.

Die Phasen, in denen die Pferde wirklich liegen, sind nur sehr kurz. Sie legen sich generell nur in vertrauter Umgebung ab. Dann liegen sie entweder mit untergeklappten Beinen, wobei sie den Kopf mit dem Maul abstützen und ebenfalls ein dösender Ausdruck im Gesicht erkennbar ist.

Alternativ liegen die Pferde ausgestreckt auf der Seite und haben die Augen dabei geschlossen, wobei diese Haltung noch seltener eingenommen wird. Alte Pferde legen sich oft gar nicht mehr hin, wobei anzumerken ist, dass junge Pferde insgesamt deutlich mehr und längere Ruhephasen haben als ältere.

In der freien Wildbahn legen sich nie alle Pferde gleichzeitig zur Ruhe – einige Pferde stehen vielleicht dösend, aber jederzeit reaktionsbereit um die liegenden Tiere herum, sodass diese bei Gefahr rechtzeitig gewarnt werden.

Pferde bevorzugen zum Liegen einen trockenen verformbaren Untergrund. Generell verkürzen sich die Liegezeiten, wenn der Untergrund, also die Einstreu feucht ist. Das gilt auch für den Fall, dass die Pferde sich nicht sicher genug fühlen, wenn Hör-, Geruchs- und Sichtkontakt zu ihren Artgenossen nicht gegeben sind.

In der Einzelhaltung ist es der Mindestplatzbedarf, den die Pferde benötigen, um sich bequem ablegen und wieder aufstehen zu können, aus dem die Definition der Boxengröße gem. der gültigen Richtlinien resultiert.

In der Gruppenhaltung sieht man die Pferde einer Gruppe nicht alle auf einmal in der Liegehalle liegen. Hier ist es wichtig, darauf zu achten, dass auch rangniedrige Pferde ihre Schlaf- und Liegezeiten einhalten können und nicht von den ranghohen Tieren um ihr Ruhebedürfnis gebracht werden. Dabei kommt wieder dem Sachverstand und der Beobachtungsgabe des Betriebsleiters eine besondere Bedeutung zu.

ABC der tiergerechten Haltung

Q – Quarantäne- und Eingewöhnungsbox

Diese kann auch als Quarantänebox für kranke und verletzte Pferde genutzt werden, die so im Krankheitsfall in der Nähe ihrer vertrauten Herde bleiben können. Bei großen Gruppen empfiehlt es sich, 2 Eingewöhnungsboxen vorzuhalten, um flexibler reagieren zu können. Eine Möglichkeit ist es, die Eingewöhnungsbox als Paddockbox zu gestalten, wobei der Paddock mit Krippe und Tränke ausgestatten wird und eine Trenntür die Unterteilung in 2 Einzelboxen möglich macht. Das einzugewöhnende Pferd hat in der Eingewöhnungsbox die Möglichkeit, aus einem geschützten Bereich heraus Sicht-, Geruchs- und Berührungskontakt zur Gruppe aufzunehmen, sich aber bei Unsicherheit auch in einen geschützten Bereich zurückziehen kann, der von der Gruppe durch Trennwände abgetrennt ist. Über ein Paddockgitter kann das Pferd aus seinem sicheren Bereich heraus Kontakt zu den Pferden in der Gruppe aufnehmen und sich so langsam mit den einzelnen Pferden bekannt machen. Ideal ist es, wenn das Pferd zunächst mit einzelnen Pferden zusammen sein kann, sodass es vor dem ersten Betreten der Gruppe schon einzelne Pferde näher kennt. Auch die „Ortsbesichtigung“ der Gruppenauslaufhaltung sollte ohne die Gruppe stattfinden.